Die Schule geht los – aber nicht alle Kinder in NRW dürfen hin

 

Pressemeldung

Die Schule geht los – aber nicht alle Kinder in NRW dürfen hin
Paritätischer NRW: Das Menschenrecht auf Bildung gilt auch für geflüchtete Kinder

Wuppertal, 27. August 2018. Die Sommerferien neigen sich dem Ende zu, am Mittwoch geht es wieder
los in den Schulen in NRW. Doch hingehen dürfen nicht alle. „Geflüchtete Kinder und Jugendliche in
den Landeseinrichtungen fallen hinten runter, ihnen wird der Zugang zur Regelschule systematisch
verwehrt“, so Christian Woltering, Landesgeschäftsführer des Paritätischen NRW. „Bis zu zwei Jahren
Isolation in den Einrichtungen, das verstößt gegen die UN- Kinderrechtskonvention. Dies trägt nicht
gerade zu einer gelungenen Integration bei. Wir appellieren daher an das Land NRW, alle Wege zu
prüfen, um geflüchteten Minderjährigen im schulpflichtigen Alter den Besuch der Regelschulen zu
ermöglichen.“

Zwar gilt auch in NRW die Schulpflicht, doch greift sie laut NRW-Schulgesetz erst mit Zuweisung der
Geflüchteten an die Kommunen. Und das kann dauern, wie der Blick auf die Zahlen der Landesregierung
zeigt: Im Juli 2018 waren von 3.189 minderjährigen Geflüchteten, die in den Aufnahmeeinrichtungen
des Landes NRW untergebracht sind, 1.140 bereits länger als drei Monate dort. 220 Kinder und
Jugendliche sind seit über einem halben Jahr in den Landeseinrichtungen, 32 seit mehr als einem
Jahr. „So kann das nicht weitergehen, diese politisch verordnete soziale Ausgrenzung und
gesellschaftliche Isolation verstößt gegen die Menschenrechte.“ Deutschland hat die
UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert. Jetzt muss sie umgesetzt werden.

„Eine humane und rechtsstaatliche Flüchtlingspolitik sieht anders aus. Wir appellieren an die NRW-
Landesregierung, einen menschenwürdigen Kurs einzuschlagen und allen Minderjährigen den Zugang zu
Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zu ermöglichen. Dies ist nicht nur das Recht der geflüchteten
Kinder und Jugendlichen. Sondern auch elementar wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in
NRW. Denn Bildung und soziale Kontakte sind der erste Schritt zu einer gelungenen Integration, ohne
geht es nicht. Wir reden hier von Menschen, die Schlimmes erlebt haben und oft traumatisiert sind.
Dass Frustration, Aggressionen und Übergriffe zunehmen, wenn Menschen auf Dauer zum Nichtstun
verdammt sind, liegt auf der Hand“, erklärt Woltering und fordert die Landesregierung auf, sich zum
Grundsatz frühzeitiger Integration von Anfang an zu
bekennen.
Schulpflicht in NRW: der rechtliche Hintergrund
In konsequenter Umsetzung des Rechtes auf Bildung müsste die Schulpflicht vom ersten Tag an gelten
und nicht erst mit der Zuweisung von geflüchteten Minderjährigen und ihren Familien in eine
Gemeinde, wie es das Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen in § 34 Abs. 6 vorsieht.

„Jedes Kind hat Anspruch auf Erziehung und Bildung“ heißt es in Artikel 8 der Landesverfassung. In
Verbindung mit den Vorgaben aus Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention muss mit Blick auf das
Kindeswohl und die Rechte von Kindern und Jugendlichen ihr Recht auf Schulbildung und Beschulung in
einer Regelschule ermöglicht werden.

Ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes München zeigt, dass sich die Beschulung von Kindern auch
verwaltungsgerichtlich durchsetzen lässt. Das Verwaltungsgericht München (Beschluss vom 8. Januar
2018, Az. M E 3 E 17.5029, M 3 E 17.4737, M 3 E 17.4801) hatte in drei Eilverfahren Kindern das
Recht zugesprochen, am Regelschulbesuch teilzunehmen.
Der Paritätische NRW

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betriebswirtschaftlich, sichert die Qualität ihrer Arbeit und vertritt ihre Interessen gegenüber
Politik und Kostenträgern. Zugleich ergreift er Partei für Menschen, die keine Lobby haben. Der
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Pressestelle
Annette Ruwwe
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